Elektrifizierung der Produktion von grünen Chemikalien und Kraftstoffen - Fortschritte bei der stofflichen Biomassenutzung

TUM.PtX News |

Im Rahmen der globalen Bemühungen zur Treibhausgasreduktion schlägt der Lehrstuhl für Energiesysteme (LES) mit seinem aktuellen Review Paper die Elektrifizierung von Biomass-to-X-Prozessen (BtX) vor. Der LES setzt dabei auf biomassebasierte Chemikalien und Kraftstoffe, da diese einen direkten Ersatz für fossile Ressourcen darstellen und für die Reduktion der anthropogenen Treibhausgasemissionen unabdingbar sind.

Im Mittelpunkt stehen hierbei vergasungsbasierte Verfahren zur Umwandlung von Biomasse, ein bewährter Weg, der als Biomass-to-X (BtX) bekannt ist, und deren Anwendungsbereich in der katalytischen Synthese zur Herstellung von grünen Chemikalien und Kraftstoffen liegt. Da Biomasse eine endliche Ressource ist, muss die Produktausbeute für eine effiziente Nutzung maximiert werden. Die Elektrifizierung ist ein vielversprechender technologischer Weg, der einige Vorzüge gegenüber den herkömmlichen BtX- und strombasierten Verfahren (Power-to-X, PtX) bietet. Die Elektrifizierungsoptionen werden hierbei in direkte und indirekte Verfahren unterteilt. Während bei indirekten Verfahren Wasserstoff aus der Wasserelektrolyse dem Prozess zugeführt wird (Power-and-Biomass-to-X, PBtX), wird bei der direkten Elektrifizierung (eBtX) Elektrizität in bestimmte Prozessschritte integriert und bietet durch die Umwandlung von Elektrizität in verschiedene Energieformen wie Wärme, elektrochemische Energie oder Plasma eine hohe Effizienz.

In der LES-Analyse wird jede Elektrifizierungsoption im Hinblick auf Prozessleistung, Reifegrad, Machbarkeit, Anlagenstandort, Platzbedarf und dynamischen Betrieb untersucht. Insbesondere die H2-Zugabe zu PBtX-Prozessen steht im Mittelpunkt des Interesses, da sie eine deutlich verbesserte Kohlenstoffeffizienz und Produktausbeute aufweist. Die Technologie hat einen hohen technologischen Reifegrad und die System- und Prozessvorteile werden durch umfangreiche Simulationsarbeiten in der Literatur belegt. Das Paper weist jedoch auf eine Forschungslücke bei der Direktelektrifizierung (eBtX) hin, indem er den geringen technologischen Reifegrad hervorhebt und für umfassende Studien sowohl auf Anlagen- als auch auf Systemebene plädiert.

Der Review zeigt den mittelfristigen Weg auf, der durch eine sorgfältige Analyse und die Rolle elektrifizierter Prozesse bei der Nutzung der Biomassekonversion vorgegeben ist. Das Paper ist ein Handlungsaufruf an Wissenschaft und Industrie, ihre Kräfte in den Bereichen P-/eBtX zu bündeln. Eine sauberere, grünere Zukunft rückt damit in greifbare Nähe.

DOI: 10.1039/D3EE02876C (Review Article)
Energy Environ. Sci., 2024, Advance Article

Um die Treibhausgasemissionen zu verringern und damit die Folgen des Klimawandels abzumildern, müssen alle Sektoren defossilisiert und dekarbonisiert werden. Nachhaltige Biomasse und Reststoffe sind wichtige erneuerbare Alternativen zum Ersatz fossiler Ressourcen, insbesondere für Sektoren wie das Verkehrswesen oder die chemische Industrie, die auch mittel- und langfristig auf fossile Ressourcen angewiesen sind. Die Umwandlung von lignozellulosehaltiger Biomasse durch Vergasung in Synthesegas und weiter in Kraftstoffe oder Chemikalien wie Methan, Methanol, Dimethylether oder Fischer-Tropsch-Syncrude ist eine vielversprechende Technologieoption (Biomass-to-X, BtX). Um das Potenzial der Biomasseressourcen voll auszuschöpfen und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, wird in dieser Veroeffentlichung die direkte oder indirekte Elektrifizierung von BtX-Prozessen mit erneuerbarem Strom diskutiert. Elektrizität kann beispielsweise zur Energieversorgung einzelner Prozessschritte (direkte Elektrifizierung) oder zur Erzeugung von grünem Wasserstoff Edukt in chemische Reaktionen (indirekte Elektrifizierung) genutzt werden. Diese Prozesse können deutlich höhere wirtschaftliche, energetische und ökologische Leistungen aufweisen als herkömmliche biomassebasierte (BtX) oder strombasierte (Power-to-X) Prozesse. Daher haben die elektrifizierten BtX-Prozesse ein großes Potenzial, die Defossilisierung und Dekarbonisierung der chemischen Industrie und des Verkehrssektors zu beschleunigen.

Kontakt: Marcel Dossow, Sebastian Fendt

Wir bedanken uns für die Förderung durch die Projekte "Verena" (03EE5044B), gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, und “REDEFINE H2E” (01DD21005) gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Darüber hinaus danken die Autoren für die Zusammenarbeit im Rahmen des Netzwerks TUM.Hydrogen und PtX.